Der Bettag steht schon seit vielen Jahren in der Kritik: Es sei nicht Aufgabe eines säkularen Staates, das Beten zu verordnen. In der Tat ist der Bettag kein kirchlicher, sondern ein religiös-politischer Feiertag. Er wurde vor über 180 Jahren gesamtschweizerisch eingeführt und sollte vor allem den konfessionellen Frieden zwischen Reformierten und Katholiken sichern helfen. Hat er aber heute noch eine Bedeutung? Mir scheint, er könnte ein Anlass und eine Gelegenheit für alle Bewohnerinnen und Bewohner unseres Landes sein, sich – über religiöse und kulturelle Unterschiede hinweg – darüber zu besinnen und zu verständigen, auf welchem Fundament ihr Land steht und was die Menschen in diesem Land miteinander verbindet. Zu diesem Zweck veröffentlichen Kantonsregierungen oder Landeskirchen an diesem Tag jeweils eine Botschaft an das Volk, das sogenannte Bettagsmandat. Letztlich aber sind es religiös, sozial oder ökologisch motivierte Initiativen vor Ort, die den Bettag am Leben erhalten. Zur Bedeutung des Bettags schrieb der Schriftsteller Jürg Ammann vor einigen Jahren Folgendes: „Die Welt, die Existenz ist zu schwer ohne den Himmel, an den sie gehängt ist. Gott, und wäre er nur erfunden, ist unsere beste Erfindung. An ihm müssen wir festhalten. Er ist die Erfindung unseres Besten. Ohne die Behauptung des Göttlichen ist das Menschliche nicht zu bewahren. Dem trägt der Bettag Rechnung, auch in einer säkularisierten Gesellschaft.”
Josef-Anton Willa
Bildlegende:
Bettag: gemeinsam Feiern und sich auf das Gemeinsame besinnen
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