Wissen Sie, wie die Urchristen Abendmahl bzw. Eucharistie feierten? Wie vielgestaltig sich dieses zentrale christliche Ritual über die Jahrhunderte weiterentwickelte? Dass dabei heftig umstritten blieb, wie Brot und Wein als Abendmahlselemente beschaffen sein oder gehandhabt werden müssen, und ob nicht auch Käse, Fisch, Milch, Honig, Cola oder Kokosnuss Verwendung finden dürfen - etwa in Weltgegenden, wo sich weder Weizen noch Wein anbauen lassen? Ferner, was Begriffe wie Symposion, Agape, Mazze, Libate, Transsubstantiation, Akzidenz oder Konkomitanz bedeuten? Auskunft über solche und ähnliche Fragen gibt der deutsche Kirchengeschichtler und evangelische Theologe Anselm Schubert in seinem 2018 erschienenen Buch ‚Gott essen. Eine kulinarische Geschichte des Abendmahls‘. Ein recht provokativer Titel, nicht wahr? Genau diesem Werk widmete sich zwischen vergangenem Februar und Juni rund ein Dutzend ökumenisch Interessierte aus der reformierten und der römisch-katholischen Pfarrei in Münchenstein im Rahmen eines Lesezirkels, verteilt auf fünf Abende. Die Sitzungen fanden abwechselnd im reformierten Kirchgemeindehaus und im katholischen Pfarreiheim statt – fachkundig moderiert von Markus Perrenoud, reformierter Pfarrer, und Josef Willa, katholischer Pfarreiseelsorger. Natürlich versucht das Buch auch aufzuzeigen, wie sich katholisches Eucharistie- und evangelisches Abendmahlsverständnis voneinander unterscheiden. Nicht überraschend führte just dieses Thema zu besonders lebhaften Diskussionen in der Gruppe: Welches ist der ‚rechte‘ Gebrauch von Brot und Wein im Gottesdienst, oder welches die ‚rechte‘ Interpretation der biblisch überlieferten Einsetzungsworte Jesu? Sowohl die geschichtlichen als auch die heutigen Auseinandersetzungen rund um Abendmahl und Eucharistie machen eben deutlich, wie wichtig allen Christen diese Form der Begegnung mit Gott ist. Gebet und Gesang umrahmten alle Gesprächsrunden feierlich. Sogar eine gegenseitige Präsentation der reformierten und katholischen Abendmahls- bzw. Eucharistiegefässe stand auf dem Programm. Abgerundet wurde der Kurs Ende Juni durch ein Symposion, d.h. eine ritualisierte Mahlfeier im Stile der griechisch-römischen Antike. Nach Schubert waren solche Anlässe, an denen sich bis zu zwölf Gleichgesinnte trafen, Vorläufermodell des urchristlichen ‚Herrenmahls‘! Trotz kontroversem Gesprächsstoff pflegten die Mitglieder des Lesekreises stets einen offenen und rücksichtsvollen Dialog miteinander - ganz im ökumenischen Geist von Münchenstein. Gewiss: Der eine oder die andere Teilnehmende fühlte sich wohl streckenweise ein bisschen in den ureigensten religiösen Grundüberzeugungen tangiert. Doch wer mochte, durfte wie Schubert getrost zum Fazit gelangen: Nicht nur nach Rom führen viele Wege, sondern auch in den Himmel…!
Benedikt Mettauer und Martin Müller
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Anselm Schubert: Gott essen. Eine kulinarische Geschichte des Abendmahls
Verlag C.H. BECK, München 2018
ISBN 978-3-406-70055-2